Die Greenbay Packers sind das einzige Team der NFL, das sich nicht im Besitz einer Einzelperson, einer Personengesellschaft oder anderer Rechtstärger befindet, sondern als Greenbay Packers Inc. gehört es den Aktionären im Streubesitz. Ist das ein Umstand der die Fans in Greenbay besonders stolz macht und wie wirkt sich diese Struktur auf die Fanbase aus? Was zeichnet die “Cheeseheads” aus?
Die Situation bei den Packers ist etwas ganz besonderes, die natürlich dazu führt, dass sehr viele Fans sich ganz besonders zur Franchise verbunden fühlen, da sie über die Aktienpapiere Besitzer und eben nicht nur Fans sind. Insgesamt finde ich persönlich die Struktur aber auch am schönsten, da sie der deutschen Vereinsstruktur am meisten gleicht. Außerdem hat die Franchise eine ganz besondere lokale Bedeutung – Umsiedlung ist aufgrund der Besitzstrukturen quasi unmöglich und die gesamte Gegend lebt von den Packers. Das merkt man ganz besonders jetzt zu Corona-Zeiten, wo auch die Umgebung monetäre Probleme bekommt. Anwohner haben ihre Einfahrten als Parkplätze vermietet, Hotels und Gastronomie haben weniger zu tun, etc. Die Packers haben hierfür schon lange einen Fond bereit, um die Umgebung zu unterstützen – allgemein fördert man die Region schon seit langer Zeit mit Bauprojekten wie „Title Town“. Anders als fast überall sonst sind die Packers eben keine reine Kommerz-Angelegenheit – es ist ein Miteinander zwischen Fans und Team und das macht die Packers besonders.
Die Cheeseheads als Fanbase macht aus, dass sie überall – zuhause wie auswärts – für gute Stimmung sorgen können. Spiele gegen Teams mit kleiner Fanbase sind quasi Heimspiele und auch in allen anderen Stadien hört man viele Packers-Fans, da sie sehr reiselustig sind. Die absolute Hingabe führt zwar hier und da auch zu irrationalen Dingen – vor allem wenn es um die GOAT-Debatte geht 😉 – aber auch das macht meist sehr viel Spaß. Man freut sich vor allem über den eigenen Erfolg und Missgunst anderen Teams gegenüber steht selten im Vordergrund.
Welche Gründe seht ihr für die hohe Popularität der Packers in Deutschland?
Ein großer Anteil wird bestimmt daher kommen, dass die Packers eine relativ erfolgreiche Franchise sind – vor allem in der näheren Vergangenheit. Mit Starr, Favre und Rodgers haben/hatten die Packers 3 (vermutliche) Hall of Fame-Quarterbacks in Folge, das können nicht viele Teams von sich behaupten. Die vereinsähnlichen Strukturen werden aber bestimmt auch ihren Anteil haben. Dazu sind die Packers natürlich einfach das beste Team der NFL – versteht sich ja von selbst.
Abseits von den Fans der anderen NFC North Mannschaften macht es auch den Eindruck, dass die Packers weniger “Hate” abbekommen als andere erfolgreiche Franchises der jüngeren Vergangenheit wie die Patriots oder Seahawks. Woran könnte das eurer Meinung nach liegen oder täuscht dieser Eindruck?
Der Patriots-Hate kommt vor allem aufgrund des langanhalten Erfolgs, der Seahawks-Hate am ehesten daher, dass sie wirklich genau zur ranNFL-Hypephase in Deutschland erfolgreich waren. Die Packers haben etwas früher den Super Bowl gewonnen und seitdem sind sie einfach fast immer oben dabei, aber nicht DAS dominante Team – man ist also nicht direkt ein Bandwagon-Fan, nur weil man die Packers mag. Dazu macht es einfach Spaß, Aaron Rodgers beim Footballspielen zuzuschauen.
Ein großer Positivanteil könnte auch daran liegen, dass die Packersfans sich wie beschrieben am ehesten mit sich selbst beschäftigen und ihre Freude am Football nicht durch den Hass gegen andere Teams erzeugen müssen. Man ist selbst freundlicher und wird auch freundlicher behandelt.
Die Packers Germany gehen derzeit einen etwas ungewöhnlichen Weg über Patreon. Wie stellt sich euer Fanclubleben derzeit dar? Welche Ziele verfolgt ihr in den nächsten Jahren? Wieviele Mitglieder/Unterstützer habt ihr aktuell?
Wir bei den Packers Germany haben die Community zunächst nicht als Verein aufgebaut, wir haben die Website mit Berichten gefüllt und mehr eine Anlaufstation für News und Content geliefert. Die Bildung der Community drum herum kam dann erst mit der Zeit, weshalb die Strukturen etwas komplizierter sind. Wir hatten uns schon öfter mit dem Thema Vereinsgründung beschäftigt, da wir aber mehr mit der Website, dem Podcast, etc. zu tun hatten, hat sich bei uns kein Organisator dafür gefunden. Patreon bietet uns die Möglichkeit, Mitglieder und Interessenten zu sammeln und dann in der Community nach Organisatoren für den Verein zu suchen. Unter den aktuell 100 Patreons wurden wir auch fündig und so läuft der Vereinsgründungsprozess aktuell nebenbei.
Unsere Ziele sind es vor allem, weiterhin guten Content für die Packersfans in Deutschland zu produzieren – sowohl in Wort als auch Ton. Schön wäre es, wenn nach der Corona-Zeit die Vereinsgründung soweit durch ist, dass wir in Deutschland Packers-Fans noch besser verbinden können.
Die Packers haben in den letzten Jahren einen erfolgreichen Umbruch von Mike McCarthy zu Matt LaFleur hinter sich. Wie war das Verhältnis zum Ende der Ära McCarthy? Was versprecht ihr Euch von LaFleur? Kann eine Trainer-Ära in Greenbay ohne den Gewinn einer Vince Lombardi Trophy überhaupt als erfolgreich eingestuft werden?
Generell war eigentlich jeder Packers-Fan froh, McCarthy „los“ zu sein, auch wenn viele McCarthy sehr dankbar sind für das, was er für die Packers getan hat. Die Trennung war gut und im Nachhinein definitiv richtig. Matt LaFleur verspricht vor allem eins – neue Ideen und kreatives, gutes Offensive Playcalling. Unter LaFleur ist die Packers-Offense richtig stark geworden und alleine durch das Scheme wird Rodgers sehr stark unterstützt. Die Kreativität der Offense ist ein großes Plus von McCarthy zu LaFleur. Wenn Matt LaFleur weiterhin so gute Arbeit leistet, dann bin ich mir sicher, dass die Chancen auf eine weitere Lombardi Trophy gut stehen, sodass wir uns darüber gar keine Gedanken machen müssen.
Der legendäre Vince Lombardi hat in seiner Trainerkarriere ein einziges Championship Game verloren. Der Gegner waren die Philadelphia Eagles. Bis zum Superbowl LII wurde daher spekuliert ob Vince Lombardi sie dafür mit einem Fluch belegt hat, niemals einen Superbowl zu gewinnen. Wie nimmt man in Greenbay oder bei den Packers Germany die Eagles und deren Fans wahr?
Die Lombardi-Geschichte ist mir tatsächlich neu, aber unterhaltsam. Ich persönlich nehme die Eagles als sehr verrückte Fanbase dar – vor allem in Amerika. Was da nach dem Super Bowl in der Stadt passiert ist, wird jedem noch immer im Kopf sein. Ansonsten würde ich vermuten, dass vor allem Respekt für die starke Mentalität während des Super Bowl-Runs herrscht.
Angenommen Aaron Rodgers hätte ein ähnliches Tief wie derzeit Carson Wentz. Wäre es denkbar dass man tatsächlich Jordan Love als Starting-QB einsetzt?
Aktuell ist die Situation so, dass Jordan Love tatsächlich noch kein einziges Spiel im aktiven Kader war. Love ist als Projekt gedraftet worden und jeder weiß, dass man ihm Zeit für Entwicklung geben muss. Ich glaube nicht, dass Love in diesem Jahr und vermutlich auch nicht im nächsten überhaupt eine Option als Starter wäre – egal wie Rodgers spielt. Dazu kommt, dass LaFleur sich derzeit zwar einen sehr guten Ruf aufbaut, das Benchen von Rodgers aber absoluten Aufruf in der Franchise und der Fanbase hervorrufen würde. Der Love-Pick hat ja schon einen Vorgeschmack geliefert, wie es bei Rodgers‘ Absetzung laufen wird, das sollte man nur machen, wenn man absolut überzeugt ist, dass Love bereit dazu ist.
Angenommen ihr die Chance einen realistischen Trade zwischen den Packers und den Eagles zu ermöglichen, wie würde dieser aussehen?
Ich selbst bin großer Dallas Goedert-Fan und glaube, dass LaFleur mit ihm einige gute Dinge anstellen könnte. Nach dem Draft hätte ich noch Jalen Reagor als Option genannt, aber dessen Leistung ist ja bisher doch etwas enttäuschend. Da unsere Run-Defense große Probleme macht, würde ich aber wohl Fletcher Cox auswählen – maximaler Erfolg jetzt sofort.
Vielen Dank an Nik von den Packers Germany für die genommene Zeit und die ausführlichen Antworten!
Die Preview der Packers Germany auf das Spiel findet ihr hier:
https://www.packers-germany.de/2020/12/week-13-eagles-packers/
Und die Preview aus unserer Sicht findet ihr hier:
https://pefg.wordpress.com/2020/12/05/preview-eaglespackers/